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BISS – Ein Grund aufzustehen

Benjamin Schmidt

Das BISS-Magazin ist die älteste und mit einer monatlichen Auflage von durchschnittlich 40.000 Exemplaren eine der erfolgreichsten Straßenzeitungen Deutschlands. Das Magazin wird von armen und ehemals obdachlosen Menschen verkauft. Vom Verkaufspreis, derzeit 2,80 Euro, behält der Verkäufer 1,40 Euro. Das Straßenmagazin BISS ist politisch unabhängig und versteht sich als Lobby von Bürgern in sozialen Schwierigkeiten. Aktuell sind 59 von über 100 aktiven Verkäuferinnen und Verkäufer fest angestellt. Das Heft wird von Profis gemacht und auch die Verkäuferinnen und Verkäufer kommen zu Wort. Sie verfassen ihre Texte in der BISS-Schreibwerkstatt, aus der auch der folgende Text stammt. Weitere Infos zum Projekt in jeder BISS-Ausgabe und unter www.biss-magazin.de
Ohne weitere Umschweife sollen in diesem Beitrag drei dieser Texte vorgestellt werden:

Mein Weg in die Obdachlosigkeit und wieder aus ihr heraus ~ Paul Henning

Im Juni 1989 musste ich meine alte Wohnung verlassen, weil der Pachtvertrag zwischen meinem Vermieter und der Stadt München abgelaufen war. Für die neue Wohnung brauchte ich zwangsläufig Geld für die Kaution, eine Ablöse und verschiedene andere Dinge. Das Ergebnis waren Schulden bei der Bank. Im selben Jahr, am 23. August, ist meine Mutter in Duisburg gestorben. Ich hatte mehrmals versucht, sie anzurufen, es ging aber niemand ans Telefon. Sie hatte innerhalb von drei Monaten schon fünf Schlaganfälle gehabt, sodass ich mir große Sorgen machte und schließlich meinen Schwager anrief. In seiner Gaststätte hatte meine Mutter mit ihren 85 Jahren noch geholfen. Mein Schwager erklärte mir, wie meine Mutter gestorben war, und das war schlimm. Ich fuhr nach Duisburg, konnte aber nur noch das Grab besuchen, zur Beerdigung kam leider nicht mehr rechtzeitig. Am 14. April des nächsten Jahres ist dann mein Bruder Heinz in Dortmund gestorben. Wir hatten uns immer gut verstanden und glücklicherweise konnte ich wenigstens bei seiner Feuerbestattung anwesend sein. Der Tod meiner Mutter und meines Bruders innerhalb so kurzer Zeit haben mir sehr wehgetan. Im Rausch habe ich dann versucht, den Schmerz und das Gefühl von Einsamkeit zu vergessen. Mir kam alles so wertlos vor und ich wollte auch nicht mehr leben. Ich habe dann keine Miete mehr bezahlt. Mir fehlte das Geld, es war nicht einfach Leichtsinn. So verlor ich auch diese Wohnung und wurde obdachlos. Zwei Jahre lebte ich auf der Straße. In einer Pension habe ich dann Jürgen und Peter kennengelernt. Die beiden Biss-Verkäufer haben mich motiviert, indem sie mir sagten: „Steh auf und tu was!“ Das war super und sie haben mir den Anfang meines Weges aus der Obdachlosigkeit gezeigt. Ich bin jetzt seit vier Jahren bei BISS. Als Verkäufer habe ich viele nette Menschen kennengelernt, die mir geholfen haben, und dafür sage ich ihnen allen nochmals vielen Dank. Jetzt habe ich ein gemütliches Appartement. Es war mir nur mit BISS möglich, das zu schaffen.

BISS ist ein Zeitungsprojekt, das Bürger*innen in sozialen Schwierigkeiten dabei unterstützt, sich selbst zu helfen. Der Verkauf der Zeitschrift soll Hilfe zur Selbsthilfe ermöglichen.
Die Zeitschrift versteht sich auch als Lobby für gesellschaftlich benachteiligte Gruppen und ist mit einer monatlichen Verkaufsauflage von 38.000 Exemplaren eine der erfolgreichsten Straßenzeitungen Deutschlands.
Sie möchte ein Bewusstsein für die Belange obdachloser und armer Menschen schaffen.
Mehr Informationen finden Sie Hier.


OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
Simon Brandt (16. April 2025). BISS – Ein Grund aufzustehen. Kontrapunkte. Abgerufen am 20. Mai 2025 von https://doi.org/10.58079/13ret


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